Hochwasserschutz Miltenberg-West
Die Situation
Der Stadtteil Miltenberg-West mit seiner Wohnbebauung sowie mehreren größeren Gewerbebetrieben liegt an der Mud und ihrer Mündung in den Main. Das Einzugsgebiet der Mud ist in diesem Bereich circa 400 km2 groß. Trotz des hohen Waldanteils von über 50% zeichnet sie sich, aufgrund ihrer topographischen Lage, durch schnell anlaufende Hochwasserwellen aus, die ein rechtzeitiges Räumen bedrohter Bereiche nahezu unmöglich machen. In den Jahren 1993 und 1995 führte dies zu Hochwasserschäden in Millionenhöhe.
Übersichtslageplan
Im Jahr 2003 wurde mit dem Bau der Anlage begonnen. Seit der Fertigstellung im Jahr 2011 ist durch das rund 1,2 km lange technische Schutzsystem das Gebiet von Miltenberg-West vor einem hundertjährlichen Hochwasserereignis geschützt.
Nach dem Hochwasser Januar 1995, Breitendieler Straße
Das Schutzsystem
Ein technisches Schutzsystem schützt das Gebiet Miltenberg-West. Entlang der Mud verläuft eine Kombination aus Erddeich und, bedingt durch die äußerst beengten räumlichen Verhältnisse im mainnahen Bereich, einer Schutzmauer aus Beton. Aufgrund des Mainrückstaus ist das Schutzsystem bis zu 3,20 m hoch.
Luftbild und Lageplan mit geschütztem Bereich
Der Deich ist ein Hauptbestandteil des Schutzsystems. Für die Herstellung des Erddeiches waren ca. 14.000 m3 Material erforderlich. Dieses Material wurde vor Ort entlang der Mud abgetragen. Ein vom Wasserwirtschaftsamt eingeschaltetes Ingenieurbüro führte während der Deichschüttung ständig Kontrolluntersuchungen durch. Teilweise war es erforderlich, das anfallende Material noch durch eingefräßten Kalk zu verbessern. Diese Maßnahme gewährleistet die erforderliche Verdichtung und damit die Wasserundurchlässigkeit des Deichkörpers.
Schnitt durch den geplanten Hochwasserschutzdeich
Unterhalb dieses Deiches schließt dann eine 400m lange Schutzmauer an. Gegründet ist die Hochwasserschutzwand auf 60 Zentimeter starken Bohrpfählen, die teilweise in den rund drei Meter unter Gelände liegenden Fels einbinden. Die Pfähle liegen in einer Reihe wobei jeder zweite Bohrpfahl 1 Meter oberhalb des Felshorizontes endet. Jeder Bohrpfahl schneidet den nächsten an, eine sogenannte überschnittene Bohrpfahlwand. So wird verhindert, dass bei steigendem Wasserspiegel zuviel Wasser über den Untergrund in das Siedlungsgebiet gedrückt wird. In Kombination mit Pumpwerken kann so der Grundwasserspiegel abgesenkt werden. Dies gewährleistet, dass bei Hochwasser Miltenberg-West nicht über das Grundwasser geflutet wird.
Die aufgehende Betonwand ist bis zu 3,20 Meter hoch. Eine Verkleidung der grauen Betonwand mit örtlich vorkommenden Sandstein integriert den Hochwasserschutz in den sensiblen Bereich nahe der Laurentiusbrücke. Verschiedenartige Rankgitter im weiteren Verlauf der Wand lockern die Erscheinung auf und verhalfen zur einer schnellen Begrünung der grauen Betonwand.
Schnitt durch den geplanten Hochwasserschutzdeich
Zusätzlich wird die Auffahrtsrampe zur Laurentiusbrücke im Hochwasserfall durch einen mobilen Dammbalkenverschluss verschlossen.
Zwei Absperrbauwerke trennen im Hochwasserfall den noch zur Energiegewinnung genutzten Triebwerkskanal ab, wo er vom Schutzdeich gekreuzt wird.
Neben diesem Schutzsystem muss auch bei einem Hochwasserereignis die Kanalisation funktionstüchtig bleiben. Bestehende Mischwasserkanäle queren die Schutzlinie und entwässern bei Regen in die Mud. Bei höherem Wasserspiegel muss der Kanal mit einem Schieber geschlossen werden, um ein Fluten des Gebietes über die Kanalisation zu verhindern. Das weiterhin anfallende Wasser im Kanal muss also abgepumpt werden. Durch ein Pumpwerk in der Nähe der Laurentiusbrücke wird dies gewährleistet.
Bei verschlossener Schutzlinie kann auch das anfallende Regenwasser und das durch das Schutzsystem sickernde Drängewasser kann nicht mehr in Richtung Mud ablaufen. Daher schlagen in das Absperrbauwerk integrierte Pumpen das Oberflächenwasser in die Mud ab.
Das Absperrbauwerk am Auslauf mit innen liegendem Pumpwerk
Ökologische Ausgleichsmaßnahmen
Der verloren gehende natürliche Retentionsraum wurde durch einen Geländeabtrag am Ufer der Mud ausgeglichen. Hier kann über den Zeitraum von Jahrzehnten wieder ein gewässertypischer Auwald entstehen. Die vorhandenen Wehranlagen verhinderten zuvor bereits im Mündungsbereich der Mud eine für Fische und andere Wasserlebewesen sinnvolle Durchgängigkeit des Gewässers. Über die in den Vorlandabtrag integrierte Wanderungshilfe wird hier eine gewässerökologische Verbesserung erreicht.
Die Wanderungshilfe im Vorland der Mud
Daten
Bauzeit: 2003 bis 2011
Projektkosten
Gesamtkosten : ca. 6,2 Mio Euro
EU Kofinanzierung
Dieses Projekt wurde aus Mitteln des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie (EAGFL, Abteilung Garantie) gefördert.
Kostenaufteilung:
Bezirk Unterfranken als Vorhabensträger: 20 %
Stadt Miltenberg : 20 %
Freistaat Bayern : 55 %
- Schutz für ca. 25 ha Fläche
- 20 Wohneinheiten (über 500 Anwohner)
- 8 große Gewerbebetriebe
- Technische Daten:
- 700 m Deich
- 420 m Hochwasserschutzwand
- 30 m Mobiler Schutz
- 6 Pumpen mit einer Gesamtleistung von 1.500 l/s
- 20.000 m3 Bodenbewegung
- 2.400 m3 Beton
- 172 t Stahl