Ausbau des Billbaches
im Bereich des Odenwaldfaserplattenwerkes in Amorbach
Die Situation
Der Billbach entsteht beim Zusammenfluss von Morsbach und Saubach in der Gemarkung Schneeberg östlich der Stadt Amorbach. Er fließt im Grenzbereich des oberen zum unteren Mudtal auf einer Länge von 2,6 km größtenteils am nördlichen Ortsrand von Amorbach nach Nordwesten bis zu seiner Mündung in die Mud. Sein Einzugsgebiet von mehr als 180 km2 befindet sich im Naturraum Sandstein-Odenwald, einer waldreichen Gegend mit Mittelgebirgscharakter. Auf einer mittleren Höhenlage von 155 m ü. NN beträgt sein Gefälle im Mittel 0,4 %.
Unter natürlichen Umständen würde der Billbach den Talraum durch seinen gewundenen Lauf wesentlich prägen. Das Gewässer wurde aber seit Jahrhunderten durch menschliche Nutzung und bauliche Maßnahmen in seiner Dynamik eingeschränkt. In den 60er Jahren wurden Wehre für die Bewässerung und für Triebwerke aufgelassen und das Gewässer mit stark gestreckter Linienführung und Abstürzen ausgebaut. Die Nutzung der an das Gewässer angrenzenden Flächen wurde intensiviert. Grünland wurde zu Industrieanlagen, Lagerplätzen und Kleingärten umgewandelt.
Historische Karte mit Billbachverlauf von ca. 1870
Billbachverlauf bis 2009
Bisheriger Ausbauzustand
Das Odenwaldfaserplattenwerk liegt im Überschwemmungsgebiet des Billbaches. Dieser wurde bereits in den Jahren 1959 sowie 1963 technisch mit Regelprofil und Abstürzen ausgebaut. Der Ausbauzustand entsprach allerdings nur den Anforderungen eines HQ 30 (Q = 59 m3/s), also einer Hochwasserhöhe die statistisch alle 30 Jahre erreicht wird, wobei die spätere Bepflanzung hydraulisch nicht berücksichtigt wurde. Eine Ausuferung des Billbaches erfolgte tatsächlich schon bei einem Abfluss von 34 m3/s, also einem Abfluss der statistisch alle 6 Jahre auftreten könnte (HQ 6).
In den Jahren 1993 und dann auch 1995, als das Werksgelände breitflächig überflutet wurde, entstanden hochwasserbedingte Sachschäden. Auch im Einschöpfbereich der Brücke der Bundesstraße 47 Richtung Schneeberg war die Wahrscheinlichkeit, dass es bei starken Abflüssen zu Problemen kommen könnte , sehr hoch (Verklausung). Im Hinblick auf die ökologischen Verhältnisse war der bisherige Zustand ebenfalls verbesserungswürdig. Der Billbach floß in einem relativ gestreckten Bachbett mit einem trapezähnlichen und streckenweise gepflasterten Profil. Mehrere Betonschwellen, mit teilweise Absturzhöhen von etwa 70 cm, verhinderten den Aufstieg für Fische und andere Wasserlebewesen
Die Absicht den Billbach weiter auszubauen, bestand schon seit Ende der 80er Jahre, als die Firma OWA einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Hochwasserschäden in den 90er Jahren forcierten das Vorhaben.
Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg fertigte eine Studie für den Gewässerausbau. Auf Grundlage der Studie wurde das WWA vom damals noch zuständigen Bezirk Unterfranken beauftragt einen Entwurf für den Ausbau und die Hochwasserschutzmaßnahme aufzustellen.
Nach mehreren Verzögerungen entschloss sich die Firma OWA im Jahre 2009 mit dem Bau zu beginnen.
Von der Kreisstraßenbrücke MIL 6 bis etwa 200 Meter stromaufwärts der Brücke der B 47 baute der Freistaat Bayern vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Aschaffenburg und die Odenwald Faserplattenwerk GmbH (OWA) gemeinsam einen 1.430 Meter langen Bachabschnitt u. A. zum Schutz des Werkes vor Hochwasser aus. Zwischen Flusskilometer 1.400 und der Eisenbahnbrücke bei Fl.-km 2.150 verläuft das Gewässer im Bereich des Werksgeländes der Firma OWA. Sie war daher auch für diesen Abschnitt Unternehmensträger. Der Freistaat Bayern stellte für diesen Ausbauabschnitt einen Zuschuss zur Verfügung, weil auch hier eine Verbesserung der gewässerökologischen Verhältnisse erreicht werden sollte. Für die oberhalb und unterhalb an das Werksgelände angrenzenden Bereiche, war der Freistaat Bayern selbst Unternehmensträger.
Aufstiegshindernis
Gepflasterte Sohle
Das Schutzsystem
Der Gewässerausbau beinhaltete sowohl eine Vertiefung der Sohle mit Beseitigung der Abstürze, als auch die teilweise Verlegung des Bachlaufes. Sowohl durch die Vertiefung des Billbaches um ca. 1 Meter, als auch durch die Schaffung großzügiger Abflussquerschnitte mit breiten Vorländern, wird das Werksgelände der OWA auch bei einem Abfluss von 87 m3/s, einem Hochwasser mit hundertjähriger Wiederkehrwahrscheinlichkeit (HQ 100), geschützt bleiben.
Oberhalb der Straßenbrücke der B 47 wurde der Billbach auf einer Länge von etwa 130 m verlegt, um eine Verbesserung im Einströmbereich zu erreichen. Die Sohle wurde im Bereich der Brücke etwa einen Meter tiefer gelegt und erforderte umfangreiche Fundamentsicherungsarbeiten. Um die tiefere Sohle an das bestehende Niveau oberhalb anzubinden wurde im neuen Gewässerbett eine Sohlrampe errichtet. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die B 47 Richtung Schneeberg infolge Verklausung der Straßenbrücke durch Treibgut überflutet wird.
Im Werksgelände wurde an einer geeigneten Stelle im Zuge der Baumaßnahme ein Abflusspegel errichtet. Dieser kann künftig wichtige hydrologische Daten zum Abflussgeschehen im Gesamteinzugsgebiet der Mud und deren Zuflüsse liefern.
Lageplan Maßnahme
Lageplan Zuständigkeit
Ökologische Aufwertung
Mit dem Ausbau erhielt der Billbach nun eine geschwungene Linienführung und wechselnde Vorländer, die etwa alle zwei Jahre überflutet werden. Die Profilgestaltung mit Flachwasserbereichen sowie wechselnden Sohlbreiten und Böschungsneigungen führt zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Strukturen. Das Gewässerbett ist nun auf der ganzen Länge für Fließgewässertiere passierbar. Nach einer Entwicklungsphase von einigen Jahren, wird sich auch ein entsprechender Gehölzsaum durch Sukzession einstellen. Auf der Sohle wird mit einer artenreichen und dichten Wiederbesiedlung durch gewässertypische Flora und Fauna in einem Zeitraum von 2-3 Jahren gerechnet.
Oberhalb der Straßenbrücke der B 47 wurde eine inselartige Fläche zwischen dem bestehenden Bachlauf und dem neu angelegten Gewässerabschnitt der Sukzession überlassen. Diese Fläche blieb unbepflanzt und wird einer natürlichen Entwicklung überlassen, so dass sich als geplantes Endstadium eine auwaldartige Struktur entwickeln kann.
Vergleich der Querschnitte alt/neu
Weiteres Ziel: Die Erweiterung des Betriebsgeländes
Die Odenwaldfaserplattenwerk GmbH der größte Gewerbebetrieb in Amorbach und Umgebung erhält durch die Verlegung des Billbaches die Möglichkeit ihr Betriebsgeländes in nördliche Richtung zu erweitern. Dazu wurde in der Planung das Bachbett auf ca. 500 Meter Länge an den Philosophenweg verschoben. Weiterhin war vorgesehen, dass das alte Bachbett in das bestehende Werksgelände integriert wird. Die für die Maßname erforderliche Fläche war bereits im Eigentum von OWA und wurde gegen die Fläche des alten Gewässerlaufs getauscht. Aufgrund des neuen, großzügigeren Abflußquerschnittes war es erforderlich, dass in der Summe ein deutlich höherer Flächenanteil von OWA zur Verfügung gestellt wurde.
Daten
- Gewässer 2. Ordnung
- Ausbau in zwei Abschnitten:
- Los 1: Freistaat Bayern (Fluss-km 1,020-1,400 und Fluss-km 2,150 -2,450)
- Herstellung eines neuen Ausbauquerschnittes auf ca. 250 m und eines neuen Gewässerbettes auf ca.280 m.
- Eintiefung der Sohle im Brückenbereich der B 47.
- Bau einer Sohlrampe.
- Optimierung des verbleibenden Gewässerbettes im Bereich der Sohlrampe zur Herstellung der Durchgängigkeit.
- Bau eines Pegels (Abflussmeßstelle)
- Los 2: Firma OWA (Fluss-km 1,400-2,150)
- Herstellung eines neuen Gewässerbettes auf ca. 500 m und eines neuen Querschnittes auf ca. 250 m
- Ausbaugefälle: Ca. 0,35 %
- Ausbaugrad: Das Werksgelände wird vor einem HQ 100 (= 87 m3/s) geschützt.
- Gesamtkosten für den Freistaat Bayern: Ca. 840.000 € + 180.000 € (vorauss. Kosten für einen Steg)
- Beteiligtenleistung des Feistaates an der Maßnahme OWA: 61.400 €
- Grunderwerb: Ca. 1,4 ha
- Grundstückstausch: Wertgleicher Tausch von ca. 0,35 ha alter Wasserfläche gegen ca. 2,7 ha Fläche der Fa. OWA für das neue Gewässer.
- Baukosten der Firma OWA: Nicht bekannt
- Baubeginn: September 2009
- Bauende: Dez. 2011
- Erdbewegungen: ca. 36.000 m3